Machen wir das Richtige in der Bildung?

Es ist wieder Zeit für die großen Fragen im Bildungsbereich. Die Frage, ob wir genug Lehrerinnen für das neue Schuljahr haben, ist zwar wichtig, sie sollte aber nicht die einzige sein. Ulrike Greiner, Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Niederösterreich, Bildungsthemen auf, widmet sich diesem Thema und erörtert, welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler für die Zukunft brauchen.

In den vergangenen zwei Jahren hat sich der Bildungsbereich hauptsächlich mit Fragen nach dem Genug beschäftigt: Haben wir genügend Lehrerinnen, Elementarpädagogen, Deutschförderkräfte, Psychologinnen, Praktika im Lehramt? Nun ist es wieder an der Zeit, Qualitätsfragen zu stellen: Machen wir das Richtige? Haben wir die “Richtigen”? Und bilden wir sie angemessen aus? Wofür eigentlich? Für welche Schule der Zukunft? Für welche Gesellschaft? Diese Fragen sind deutlich schwieriger zu beantworten. Die empirische Bildungsforschung gibt zwar Aufschluss über die Wirkung der Maßnahmen im Bildungssystem, die Unterrichtsqualität oder die Kompetenz der Lehrpersonen. Es stellen sich mittlerweile aber mehr und mehr normative Fragen. Also Fragen, in denen es auch um Weltsichten geht.

Öffentliche Debatten
Hier kommen wir ohne grundsätzliche Debatten und einen öffentlichen Diskurs nicht aus: Welche Kompetenzen brauchen die Schülerinnen und Schüler für die Zukunft? Was sind dafür unverzichtbare Basisfähigkeiten, die nicht kompensierbar sind? Was tun wir als “Bildungsgesellschaft”, damit etwa die Lesefähigkeit bei den Kindern nicht schon im Ansatz verkümmert? Welches Wissen und welche Art von Wissen, möglicherweise auch über die Schulfächer hinaus, muss dringend vermittelt werden, damit die Schülerinnen und Schüler überhaupt verstehen, in welcher Welt sie leben (werden) und wie sie in dieser nicht nur einigermaßen zurechtkommen, sondern auch handlungs- und entscheidungsfähig werden und bleiben? Ich denke hier an politisches, psychologisches und soziales Wissen, an Finanzbildung und Medienwissen.

Und welche Persönlichkeitsbildung ist dafür nötig? In Anbetracht bevorstehender schwieriger Zeiten wohl psychische Widerstandskraft, aber auch Tugenden wie Selbsterkenntnis, Friedfertigkeit, Dankbarkeit, Mut und Demut – die im Angesicht eines vergänglichen Lebens einen ganz wesentlichen Beitrag zu einer Lebensweise ohne permanente Selbstüberschätzung, oder direkter gesprochen, ohne Dummheit leisten. Die Antworten darauf hängen natürlich davon ab, wie wir uns die Menschen der Zukunft vorstellen.

Unverzichtbare Bildung
Sehr schön lässt sich das an der teilweise nur oberflächlich geführten Diskussion rund um digitale Bildung und Künstliche Intelligenz (KI) zeigen. Wenn manche KI-Begeisterte von der Ablösung des Menschen im Transhumanismus sprechen, muss man entgegenhalten, dass Bildung immer menschliche Bildung ist und als solche unverzichtbar bleibt. Falls wir weiterhin an eine Welt glauben wollen, in der es mehr gibt als Intelligenz, nämlich Weisheit, zum Beispiel jene, die uns vor der Selbstauslöschung bewahrt. (Ulrike Greiner, 1.9.2025)

Quelle: derstandard/1.9.2025
Foto: © Martin Newald/Kommunikationsabteilung der KPH WIEN